Die Madonna von Stalingrad – Pfarrer Kurt Reuber
Die sogenannte Stalingradmadonna hat der Pfarrer, Arzt und Maler Dr. Kurt Reuber zum Weihnachtsfest 1942 für seine Kameraden im Kessel von Stalingrad gemalt. Das auf der Rückseite einer russischen Landkarte mit Holzkohle gezeichnete Bild wird gerahmt durch die Umschrift „Weihnachten 1942 im Kessel — Festung Stalingrad — Licht, Leben, Liebe“.
Die besonderen Bedingungen, unter denen diese Zeichnung entstand, lassen es geboten erscheinen, zunächst Kurt Reuber selbst als Interpreten anzuhören: „Das Bild ist so: Kind und Mutterkopf zueinander geneigt, von einem großen Tuch umschlossen, Geborgenheit und Umschließung von Mutter und Kind. Mir kamen die johanneischen Worte: Licht, Leben, Liebe. Was soll ich dazu noch sagen? Wenn man unsere Lage bedenkt, in der Dunkelheit, von Tod und Haß umgeben — und unsere Sehnsucht nach Licht, Leben, Liebe, die so unendlich groß ist in jedem von uns!…“
Die Worte werden zum Symbol einer Sehnsucht nach allem, was äußerlich so wenig da ist und „was am Ende nur in unserem Innersten geboren werden kann.“ (Brief an seine Frau, nach Weihnachten 1942)
Mit der Stalingradmadonna hat Kurt Reuber für alle Menschen ein Vermächtnis hinterlassen: Sie mahnt zur Versöhnung und weist auch heute ausdrücklich darauf hin, dass der Krieg kein Mittel der Politik ist. „Wer … hier in der Kirche vor der Madonna von Stalingrad steht und sich in ihre Botschaft vertieft, wird diese Kraft zur Versöhnung spüren. Der liebende Blick der Maria, die das Wunder ihres lindes anschaut, gilt auch uns. Denn wenn wir dem Evangelium von der Versöhnung der Kinder Gottes Glauben schenken, sind wir geborgen und beschützt und können, wo immer es nötig ist, unsere Stimme mutig gegen den Ungeist von Gewalt und Krieg erheben.“ (Bischof Hein, Predigt am 6. Mai 2012 in Hoheneiche)
Kurt Reuber war seit dem 1.4.1933 Pfarrer in Wichmannshausen und Hoheneiche. Er wurde 1939 als Truppenarzt eingezogen und war ab November 1942 im Kessel von Stalingrad eingesetzt, geriet in Gefangenschaft und starb am 20.1.1944 im Kriegsgefangenenlager Jelabuga im Ural.
Quelle: Text von Bernhard Hermann Roth